Berlin: Hasenheide. Ein Film von Nana A.T. Rebhan. Kinostart: 14. Oktober 2010 - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kultur



AVIVA-BERLIN.de im April 2024 - Beitrag vom 01.10.2010


Berlin: Hasenheide. Ein Film von Nana A.T. Rebhan. Kinostart: 14. Oktober 2010
Britta Meyer

In der Berliner Hasenheide wurden Kühe geweidet und Hasen gejagt, hier wurde exerziert, illegal geturnt und sich offiziell vergnügt. Heute ist der Volkspark vor allem als die "No-Go-Area"...




... Neuköllns bekannt. Die Regisseurin Nana A.T. Rebhan zeigt in ihrem Porträt des 50 Hektar großen Areals eine andere Seite der Hasenheide, als die eines bloßen Drogenumschlagplatzes. Der Park ist hier der Hauptdarsteller, und er wird vor allem durch die Menschen definiert, die ihn besuchen.

In ihrem Dokumentarfilm will die in Berlin lebende Regisseurin Nana A. T. Rebahn etwas anderes, als wieder einmal die skeptische Perspektive auf den sozialen Brennpunkt Neukölln zu lenken. Mit großer Geduld und Aufgeschlossenheit für die Menschen widmet sie sich sowohl den gelegentlichen BesucherInnen, als auch den Dauergästen des Volksparks. Sie zeigt dabei die Wiesen und Wege vorrangig als Orte des menschlichen (und tierischen) Miteinanders: Ein Fahrradfahrer fährt seine Papageien spazieren, die es sich auf seinem Lenker gemütlich gemacht haben. Zwei herrlich miteinander kontrastierende Hundebesitzerinnen, die eine in Samt und Seide gekleidet, die andere in Schlapphut und Flatterrock, mit ihren ebenso gegensätzlichen Tieren unterhalten sich überraschend einvernehmlich. Auf dem Rasen sonnt sich eine Clique von Nudisten im eigens mitgebrachten aufblasbaren Pool, während nebenan eine verschleierte Frau unbeeindruckt den Fitnesspfad entlang joggt.

Nana A.T. Rebhan zeichnet ein entspanntes Porträt des verrufenen Parks und interviewt dabei weder Dealer noch PolizistInnen. "Berlin: Hasenheide" zeigt ein Bild des Parks, das Öffentliches und Privates aus dem Leben der ProtagonistInnen vor dem Hintergrund einer Grünfläche miteinander verbindet. Die Regisseurin stellt den HasenheidenerInnen nur wenige Fragen und lässt sie und die Bilder ihrer Interaktionen für sich selbst sprechen. So erfahren die ZuschauerInnen unter anderem von "Düldül", dem Falken des Parks, der von der türkischen Musikerclique täglich gefüttert wird. Den Soundtrack zu den einzelnen Szenen liefern die ParkbewohnerInnen selbst. Die Hasenheide entfaltet sich im Film vor den ZuschauerInnen vor allem als eine Stätte der Kreativität: Ein Graffitikünstler malt Zille-Motive auf die Wände der "Hasenschenke", eine Tai-Chi-Gruppe trainiert unter sommerlichen Bäumen und türkische Männer musizieren am Rande der "Hartz4-Wiese" auf mitgebrachten Instrumenten.
Zur Geschichte der Hasenheide

Der Begriff "Hasenheide" wurde erstmalig 1678 geprägt, als Kurfürst Friedrich Wilhelm das Areal als sein persönliches Hasengehege einzäunen ließ. 1808 ging die Heide vom königlichen Privatbesitz in Staatseigentum über. Hier fand das Duell statt, das Theodor Fontane zu seinem Roman "Effi Briest" inspirierte. Berühmt wurde das Gebiet durch die Aktivitäten Friedrich Ludwig Jahns, der hier seinen ersten Turnplatz errichtete. Seit 45 Jahren finden einmal jährlich die Neuköllner Maientage in der Heide statt, ein Volksfest, das einen Querschnitt der gesamten Neuköllner Bevölkerung in den Park lockt.

AVIVA-Fazit: Der Regisseurin ist ein ruhiger, humorvoller Film über diesen besonderen Berliner Park und seine Menschen gelungen. Sie nimmt sich für jede Betrachtung und für jede/n BewohnerIn der Hasenheide viel Zeit, was den Film streckenweise ein wenig langatmig werden lässt. Der Gesamteindruck ist ein angenehm unspektakulärer Kontrast zu sonstigen reißerischen Berichterstattungen über großstädtische "Problembezirke". Doch so sympathisch die zum Teil schrägen BesucherInnen der Hasenheide auf die ZuschauerInnen auch wirken, so kommt doch das Gefühl auf, dass Rebhan die gefährliche Seite des Parks verharmlost. Sie selbst sagt, sie würde zwar nicht nachts allein durch die Hasenheide spazieren - aber das gelte auch für jeden anderen Park Berlins. Fair enough.

Zur Regisseurin: Nana A.T. Rebhan studierte von 2001 bis 2006 an der DFFB (Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin) und spezialisierte sich dabei auf Dokumentarfilm, in den Bereichen Regie, Kamera und Produktion. Sie drehte Dokumentarfilme wie "Osmans Land" (2004) und "Skarbek" (2006), wirkte als Regisseurin, Kamerafrau und Produzentin an experimentellen Spielfilmen mit, und arbeitet seit einigen Jahren als freie Filmkritikerin und Redakteurin für ARTE online und Fluter.

Berlin: Hasenheide
Deutschland, 2010
Regie und Kamera: Nana A.T. Rebhan
Ton: Alfred Exner
Schnitt: Justyna Hajda
Produktion: ALFAVILLE
Titeldesign: Svetlana Ivanova
Länge: 72 Minuten
Kinostart: 14. Oktober 2010

Weitere Informationen finden Sie unter: www.hasenheidefilm.de

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Beitrag vom 01.10.2010

Britta Meyer